Frauen, die eine Weile auf Dating-Seiten im Internet nach einer neuen Liebesbeziehung gesucht haben, werden dieses Phänomen wahrscheinlich kennen:

Da ist dieser interessante Mann mit dem sympathischen Profilfoto, der auch noch ganz in Deiner Nähe wohnt. Neugierig klickst Du seinen Profiltext an und stellst fest, dass er anscheinend ähnliche Ziele und Wünsche hat, wie Du selbst. Auch er sucht auf diesem Dating Portal nach einer festen Partnerschaft. Er will sich einlassen, endlich die Richtige finden. ONS sind überhaupt nicht sein Ding und diese Oberflächlichkeit, die ihm bei der virtuellen Partnersuche begegnet, nervt nur. Begeisterung stellt sich ein, als er Dich dann auch tatsächlich kontaktiert. Ein erster netter Gedankenaustausch im Portal gibt Dir immer mehr das Gefühl, dass es wirklich ein Match werden könnte. Du willst Gewissheit, willst ihn kennenlernen. Klar, dass Du Zeit für einen Chat mit diesem vielversprechenden Mann hast.

Schon nach 2-3 netten Chatnachrichten mailt er Dir seine Mobilnummer. „Wir können ja mal whatsappen.“ Du freust dich. Schließlich ist es doch ein Zeichen von echtem Interesse, dass er Dir seine private Mobilnummer anvertraut. Oder?

Was dann aber folgt sind Tage, Wochen und mitunter sogar Monate, in denen Du kurze, belanglose Nachrichten bekommst. Immer mal wieder ein kurzes: “Hallo, wie geht´s?“ verziert mit Zwinkersmiley, Grüße mit lachenden Smileys und Herzchen am Morgen, Grüße mit Küsschen am Abend. Ab und zu kommen auch nette Bildchen von Sonnenuntergängen oder Selfies von ihm, aufgenommen bei der Gassirunde mit seinem Hund. Sehr gerne genommen und nicht selten auch direkt angefragt, werden auch weitere Fotos von Dir.

Was jedoch nicht kommt, ist ein Telefonat oder gar die Frage nach einem ersten persönlichen Date. Sobald Du ein Treffen vorschlägst, kommen Vertröstungen und Ausreden. Er hat lange Meetings, ist viel unterwegs, gerade viel Stress im Job oder ist krank, fährt in Urlaub oder Ähnliches. Zu der Liste der Ausreden kommt neuerdings auch hin und wieder die Angst vor Corona oder die angebliche Fürsorge um Deine Gesundheit.

In meiner Beratungspraxis höre ich immer wieder Geschichten von vielversprechenden virtuellen Anfängen, die sich dann langsam, aber sicher, in Nichts auflösen, wie der Frühnebel in der Sonne.

Falls Du Ähnliches erlebt hast und Dich fragst, was Du falsch gemacht hast, kann ich Dich beruhigen. Höchst wahrscheinlich liegt es nicht an Dir! Es liegt weder daran, dass Du zu schnell oder zu langsam geantwortet hast, es liegt nicht daran, dass Deine letzte WhatsApp-Nachricht falsch verstanden wurde. Auch ist der Grund für sein Zaudern nicht, dass ihm das Foto nicht gefällt, was Du ihm zuletzt geschickt hast.

Hör also auf zu grübeln! Der wahre Grund liegt in den allermeisten Fällen darin, dass er – allen gegenteiligen Bekundungen zum Trotz – nicht bereit ist, für reale Kontakte. Möglich, dass er nur seinen Marktwert checken möchte, auch möglich, dass er lediglich sein Ego aufpolieren möchte. Nicht selten lässt auch eine latente Bindungsangst bestenfalls den unverbindlichen, virtuellen Kontakt zu. Auch Langeweile lässt sich mit lockeren WhatsApp-Flirts effektiv vertreiben.

Je länger er sich ausschließlich über WhatsApp austauschen möchte, desto geringer ist sein Interesse an einem realen Kennenlernen. Daran ändern auch zig süße Smileys und Herzchen nichts.

Ein Mann, der Dich als seine neue Lebenspartnerin in Erwägung zieht, will so bald wie möglich Deine Stimme hören. Er will mehr über Dich erfahren als es in diesen kurzen, belanglosen WhatsApp-Nachrichten möglich ist. Er will auch von sich viel mehr erzählen. Er will seine Gedanken mit Dir teilen, um herauszufinden, wie Du dazu stehst. Sobald sich sein erster positiver Eindruck bestätigt hat, wird er Dich um ein persönliches Treffen bitten. Er will wissen, ob Du real bist, ob Du in Wirklichkeit genauso hübsch aussiehst wie auf dem Foto im Netz. Er will wissen, wie Du riechst, wie Du Dich kleidest, wie es sich anfühlt, in Deiner Nähe zu sein.

Als Single-Coach rate ich dazu, erst gar nicht in die WhatsApp-Falle zu tappen. Die gute, alte E-Mail ist für den Anfang eine probate Möglichkeit, sich schriftlich ein bisschen zu beschnuppern, Gemeinsamkeiten und Gegensätze abzuklopfen. Sie bietet die Möglichkeit, so lange anonym zu bleiben, bis sich der positive Ersteindruck bestätigt hat. Erst danach würde ich ein, vielleicht zwei Telefonate übers Smartphone empfehlen. Das persönliche Treffen an einem neutralen Ort sollte dann zeitnah folgen, denn das kann durch nichts ersetzt werden.

Der Kontakt über die altbewährte E-Mail hat sogar noch einen Zusatznutzen: Du kannst die Nachrichten entspannt lesen und beantworten, wenn Du Zeit und Muße dazu findest. Du bist nicht ständig abgelenkt, weil Dir Dein Smartphone eine neue Nachricht ankündigt und kommst erst recht nicht in Reaktionsdruck. Du kommst nicht in Versuchung, ständig auf Dein Smartphone zu schielen, um zu prüfen, ob er Dir schon geschrieben hat. Erst recht wirst Du nicht nervös, wenn die erhoffte Antwort auf sich warten lässt.

Mein Tipp: Gib Dich nicht mit Oberflächlichkeit zufrieden, wenn Du in der Liebe ankommen willst. Vertrödle nicht Deine Zeit mit Männern, die Dich nur hinhalten wollen. WhatsApp mag eine gute Möglichkeit für kurze, schnelle oder dringende Nachrichten im Freundes/-Familienkreis sein. Als einziges Kommunikationsmittel im Dating ist es ein Killer.

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